29. jan, 2017

Ein Gruß zum Neuen Jahr 2017

Zwei kleine Engel

(Grußwort, gehalten in einem Gottesdienst in Filadelfia Asker/Norwegen am 15.Januar 2017; übersetzt aus dem Skandinavischen)

Wenn ich an die Erlebnisse des letzten Jahres zurückdenke, dann kann ich für mich selbst feststellen, dass es ein sehr spannendes Jahr war mit vielen Herausforderungen, mit Höhen und Tiefen, mit allem was das Leben nun einmal beinhaltet, aber worauf es ankommt, das ist festzuhalten an den Erlebnissen, die Ausdruck sind von Gottes nachhaltiger Liebe durch alles hindurch, was war, was ist und was da kommt. Ein Beispiel für einige der recht gemischten Erlebnisse, die wir im letzten Jahr hatten, will ich an dieser Stelle gern erzählen: Im letzten Sommer fuhren wir von hier aus quer durchs Land nach Bergen und verbrachten vier Nächte im Zelt unter extremem Regenwetter. Auf einem Campingplatz bei Aurland vergaß meine Frau ein goldenes Armband in der Dusche, und es war nicht auffindbar, als wir nach Bergen weiterreisten. Als wir dann nach Deutschland zurückkehrten, entdeckten wir, dass ein Einbruch in unserem Haus stattgefunden hatte und alle Schmuckstücke, die wir nicht bei uns gehabt hatten während der Ferien, gestohlen worden waren. Zwei Wochen vor Weihnachten sollten wir mit einem befreundeten Ehepaar zu einem Weihnachtsmusical in eine der größten Freikirchen Hamburgs fahren, und ich hatte zugesagt, diesmal mit unserem Wagen zu fahren. Als ich dabei war den Wagen sowohl von außen als auch von innen gründlich zu reinigen, fand ich das verlorene Armband, aber versteckte es bis Weihnachten; es wurde wohl für meine Frau das zweitgrößte Weihnachtsgeschenk nach dem, welches unser Gott uns gegeben hat durch die Geburt Jesu Christi. Was mehr kann man dazu sagen?

Aber wie auch der Gang des Lebens für alle Menschen, auch für diejenigen, die Gottes Wirken kennen und in der ganzen Schöpfung und in sich selbst anerkennen, Höhen und Tiefen in sich birgt, oft sogar hohe Höhen und tiefe Tiefen, so ist gleichermaßen unsere menschliche Natur Gesetzen unterworfen, die uns in zwei Richtungen ziehen und uns bisweilen zerbrechen, gar zerreißen können. Der wohl auch in Norwegen bekannte deutsche Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe hat das dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er seinen Protagonisten Faust die Gefühle seiner gespaltenen Seele folgendermaßen äußern lässt: "Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, die eine will sich von der andern trennen; die eine hält, in derber Liebeslust, sich an die Welt mit klammernden Organen; die andere hebt gewaltsam sich vom Dust (= Staub) zu den Gefilden hoher Ahnen."*

Und was ist mit König David, der trotz dessen, was über ihn in 1. Samuel 16 berichtet wird, nachdem er vom Propheten gesalbt worden war ("Da kam der Geist Gottes auf David von jenem Tag an und weiterhin")**, ja, der trotz aller Berichte über seine nicht nur "großen", sondern auch guten Taten wieder und wieder in Sünde fällt und sehr ernsthafte Familienprobleme hat?!? Eines Tages vor vielen Jahren einmal saß ich im Geiste neben ihm und weinte viele Tränen mit ihm um seinen Sohn Absalom!

Der dänische Liederdichter Bernhard Severin Ingemann, von dem in den nordischen Ländern in den Weihnachtstagen so manches Lied gehört und gesungen wird, schrieb einmal über die beiden Seelen in unserer Brust oder die beiden Engel auf unseren Schultern:

Zwei kleine Engel folgen, wo wir geh'n;

unsichtbar sie auf unsern Schultern ruh'n.

Von rechts der eine will gern seh'n

in Seel' und Aug' all unser freundlich Tun.

 

Jed' ehrlich Werk schreibt er mit Fleiß

und die Gedanken fromm und gut.

Im Palmenblatt er's zu versiegeln weiß

und trägt's zum Himmel frohgemut.  

 

Mit strengem Eifer für unehrlich Tun

der andre schaut auf jeglich böses Denken.

Von links blickt er ins Auge nun,

lässt von der Sünde dunkler Schrift sich lenken.

 

Und was er Böses sah, das schreibt er auf zugleich,

doch zögert er, es zu versiegeln unterdessen.

Und wenn du rufst zu Gott, dann streicht er aus,

worum du reuevoll Gott bat'st es zu vergessen.

 

Doch denkst vor Mitternacht du nicht daran

und Reuetränen nicht dein Auge nässen,

den Sündenbrief versiegelt jener dann

- der Engel auf der rechten Schulter weint indessen.***

 

Ingemann bezieht sich hier auf ein arabisches Gebet, und in der ursprünglichen Fassung steht nicht, dass das Palmenblatt zum Himmel, sondern zu Allah getragen wird. B.S. Ingemann schrieb den Text während einer Griechenlandreise im Jahre 1831 in türkischer Zeit.****

Und was sagt nun Paulus selbst: »Wir wissen ja, daß das Gesetz geistlich ist, ich aber bin ein ohnmächtiger Mensch, verkauft an die Sünde. Denn ich verstehe nicht, was ich selbst tue. Das was ich will, das tue ich nicht, und was ich verabscheue, das tue ich. Aber tue ich das was ich nicht will, dann gebe ich dem Gesetz Recht darin, dass es gut ist. So bin in Wirklichkeit nicht ich es, der es tut, sondern die Sünde, die in mir wohnt. Denn ich weiß, dass in mir selbst, das heißt so wie ich von mir selbst aus bin, nichts Gutes wohnt. Den Willen habe ich wohl, aber das Gute zu tun vermag ich nicht. Das Gute das ich tun will das tue ich nicht, und das Böse das ich nicht tun will das tue ich. Aber tue ich das was ich nicht will, dann bin nicht ich es, der es tut, sondern die Sünde, die in mir wohnt. Ich finde also, dass folgendes Gesetz für mich gilt: Ich will das Gute tun, aber kann nicht anders als das Böse zu tun. Mein innerer Mensch sagt mit Freude ja zum Gesetz Gottes, aber ich spüre ein anderes Gesetz in meinen Gliedern. Das kämpft gegen das Gesetz in meinem Gemüt und nimmt mich gefangen unter das Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern wirkt. Ich unglücklicher Mensch! Wer soll mich von diesem Leib des Todes befreien? Gott sei Dank ist da Jesus Christus, unser Herr! So diene ich also dem Gesetz Gottes mit meinem Gemüt, aber dem Gesetz der Sünde gemäß meiner Natur. So gibt es also keine Verdammnis für diejenigen, die in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes, das Leben gibt, hat in Christus Jesus mich freigemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes. Das was für das Gesetz unmöglich war, weil es ohnmächtig war der bösen Natur des Menschen wegen, das hat Gott gemacht. Um der Sünde willen sandte er seinen eigenen Sohn in der Gestalt sündiger Menschen und hielt Gericht über die Sünde in unserer Natur. Dadurch sollte die Forderung des Gesetzes erfüllt werden in uns, die wir uns nicht durch unsere böse Natur leiten lassen, sondern durch den Geist. Diejenigen die nach ihrer sündigen Natur leben sind nur mit dem beschäftigt, was zu den Menschen gehört. Die aber nach dem Geist leben beschäftigen sich mit dem, was dem Geist angehört. Denn das wonach die Menschen von Natur aus trachten führt zum Tod, aber das was der Geist will führt zum Leben und zum Frieden. Das wonach die Menschen von Natur aus trachten bedeutet Feindschaft mit Gott, denn unsere böse Natur beugt sich nicht vor dem Gesetz Gottes, ja, sie vermag es nicht. So wie die Menschen von sich aus sind, können sie nicht nach dem Willen Gottes sein. Aber ihr seid nicht in der sündigen Natur; ihr seid im Geist, so es denn wahr ist, dass der Gottes Geist in euch wohnt. Wer aber Christi Geist nicht hat, gehört nicht zu ihm.«*****

So lasst uns in diesem neuen Jahr 2017 uns nicht begnügen mit noch verlassen auf eigene Vorsätze, sondern allein vertrauen und bauen auf Gottes Gnade und Barmherzigkeit in Jesus Christus. Sola gratia, sola fide, sola scriptura, solus Christus! Allein aus Gnade, allein durch den Gauben, allein auf die Schrift, allein durch Christus!******

 

Anmerkungen:

* https://www.zeitenschrift.com/artikel/goethe-zwei-seelen-wohnen-ach-in-meiner-brust

** 1.Samuel 16,13b (Hebräisch: "Watitslach ruach-adonaj el-Dawid mehajom hahu wama'la" = "Und es strömte der Geist Gottes auf Dawid von jenem Tag an und darüber hinaus.", s.: http://bibeltext.com/text/1_samuel/16-13.htm )

*** eigene Übersetzung, da keine andere auffindbar; kleine Abweichungen vom dänischen Original ergeben sich durch den Versuch, es auch im Deutschen mit Reim und Versmaß zu versehen. In einem anderen Werk, dem historischen Roman "Valdemar Sejr"(s.: http://adl.dk//adl_pub/pg/cv/AsciiPgVaerk2.xsql?nnoc=adl_pub&p_udg_id=349&p_vaerk_id=8417  ), zitiert Ingemann einen lateinischen Vers: "Omni semper adest homini specialiter unus Angelus, ut vexet, aequus ut custodiet alter." = "Jeder Mensch hat einen plagenden Engel zur Seite, aber einen wachenden gleichermaßen."

**** s.: http://www.brittarahbek.dk/..... http://www.brittarahbek.dk/91038361 ..... http://www.brittarahbek.dk/91038354

***** Brief des Apostels Paulus an die Römer 7,14 - 8,9; nach der norwegischen Ausgabe "Den Hellige Skrift/Bibelen/Det gamle og Det nye testamente, Oversettelse 1978, Det norske bibelselskaps forlag" ; S. 191/192. Dieser Teil des Römer-Briefes ist besonders schwierig aus dem Urtext in eine Form zu übersetzen, die alle sprachlichen Feinheiten des Urtextes widergibt. Daher füge ich hier noch eine weitere Übersetzung hinzu, empfehle aber, auch noch weitere Versionen zu lesen: "Wir wissen ja, daß das Gesetz geistlich ist; ich aber bin von fleischlicher Art und dadurch unter die Gewalt der Sünde verkauft. Ja, mein ganzes Tun ist mir unbegreiflich; denn ich vollbringe nicht das, was ich will, sondern tue das, was ich verabscheue. Wenn ich aber das tue, was ich n i c h t will, so erkenne ich durch die innere Zustimmung zum Gesetz an, daß dieses gut sei. So aber bin nicht mehr ich der, welcher das Böse vollbringt, sondern die in mir wohnende Sünde. Denn ich weiß ja: in mir, das heißt in meinem Fleische, wohnt nichts Gutes; denn der gute Wille ist bei mir wohl vorhanden, dagegen das Vollbringen des Guten nicht; denn ich tue nicht das Gute, das ich tun will, sondern vollbringe das Böse, das ich nicht tun will. Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, so bin nicht mehr ich es, der es vollbringt, sondern die in mir wohnende Sünde. Ich finde somit bei mir, der ich das Gute tun will, das Gesetz vor, daß bei mir das Böse zustande kommt. Denn nach meinem inneren Menschen stimme ich dem göttlichen Gesetz freudig zu, nehme aber in meinen Gliedern ein andersartiges Gesetz wahr, das dem Gesetz meiner Vernunft widerstreitet und mich gefangen nimmt unter das Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern wirkt. O ich unglückseliger Mensch! wer wird mich aus diesem Todesleibe erlösen? Dank sei Gott; es ist geschehen durch Jesus Christus, unseren Herrn! Also ist es so: Auf mich selbst gestellt diene ich mit der Vernunft dem Gesetz Gottes, mit dem Fleisch dagegen dem Gesetz der Sünde. So gibt es also jetzt keine Verdammnis mehr für die, welche in Christus Jesus sind; denn das Gesetz des Lebensgeistes in Christus Jesus hat uns von dem Gesetz der Sünde und des Todes freigemacht. Denn was dem Gesetz unmöglich war, das, worin es wegen des Widerstandes des Fleisches ohnmächtig war, -- Gott hat es vollbracht, nämlich die Sünde im Fleische verurteilt, indem er seinen Sohn in der Gleichgestalt des Sündenfleisches und um der Sünde willen sandte, damit die Rechtfertigung des Gesetzes ihre Erfüllung fände an uns, die wir nicht nach dem Fleische wandeln, sondern nach dem Geiste. Denn die fleischlich gesinnten Menschen haben ein fleischliches Trachten, die geistlich gesinnten aber ein geistliches. Denn das Trachten des Fleisches bedeutet Tod, das Trachten des Geistes dagegen Leben und Frieden, und zwar deshalb, weil das Trachten des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist; es unterwirft sich ja dem Gesetz Gottes nicht, vermag das auch gar nicht; so können denn die fleischlich ausgerichteten Menschen Gott nicht gefallen. Ihr dagegen lebt nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn nämlich Gottes Geist wirklich in euch wohnt; wenn aber jemand den Geist Christi nicht hat, so gehört ein solcher Mensch ihm auch nicht an." - Römer 7,14 - 8,9 nach der Übersetzung von H. Menge; s.: Das Neue Testament, übersetzt von Hermann Menge, Verlag Schweizerische Glaubensmission Deutscher Zweig e.V., 7544 Dobel 1984 (Nachdruck der 11.Auflage von 1926, 1949), S. 455-457.

****** s. z. B.: http://www.uni-muenster.de/FNZ-Online/politstrukturen/reformation/unterpunkte/reform.htm